Basierend auf dem gleichnamigen Roman von Stefanie de Velasco, brachte die deutsche Regisseurin Ute Wieland ('FC Venus', 'Freche Mädchen') im vergangenen Jahr 'Tigermilch' in die Kinos. Der Film handelt von zwei vierzehnjährigen Mädchen aus Berlin, welche zum Beginn ihrer Sommerferien beschliessen sich entjungfern zu lassen. Soweit so gut, klingt eigentlich ganz nach dem Plot einer gängigen US-Teeniekomödie (nur das dort die Darsteller natürlich sechzehn oder achtzehn Jahre alt sind). 'Tigermilch' ist aber weitaus mehr als "gewöhnlich" - und dies zeigt sich bereits bei den zwei Protagonistinnen. Flora Thiemann ('Nellys Abenteuer') und Emily Kusche ('Das kleine Gespenst') waren bei Drehbeginn des Films tatsächlich vierzehn Jahre alt. Obwohl die Arbeit mit Kindern am Set mit Einschränkungen verbunden ist, bestand Regisseurin Wieland darauf - und es hat sich gelohnt. Die beiden machen den Film nicht nur authentisch, sondern sind von der ersten Filmminute an derart vielschichtig, dass sie den Zuschauer förmlich in ihren Bann ziehen. Sie sind frech, energiegeladen und klug, obwohl sie in prekären Verhältnissen im sozialen Brennpunkt Gropiusstadt wohnen. Hinzu kommt dass sie extrem selbstsicher sind und schon mal Dinge probieren, von welchen andere Vierzehnjährige nicht einmal zu denken wagen. So geben sich Nini und Jameelah auch mal als Prostituierte aus und ergaunern bei Freiern das schnelle Geld, oder fragen sich, weshalb die Gesellschaft Wörter wie Nazi, Jude oder Scheide nicht laut ausgesprochen duldet - natürlich mit anschliessendem Echtzeit-Test inmitten von Berlin. Auch die Dialoge zwischen den beiden sind vollends gelungen und reissen mit. Jugendsprache wird viel benutzt, jedoch mit vielen Metaphern ausgeschmückt wodurch die unverkennbare Intelligenz der beiden (trotz viel Ghetto-Slang und Leben in Sozialbauwohnungen) immer durchsickert. So vergleicht sich beispielsweise Jameelah, als sie von einem Jungen enttäuscht wird, mit "einem Dönerresten, den man auf dem Teller liegen lässt - in 'ner eingesauten Serviette". 'Tigermilch' wird so zu einem sehr innovativen, abwechslungsreichen und mitreissenden Film. Die Story gibt zwar grundsätzlich nicht viel her, wirkt zu Beginn wie eine gängige Komödie - bis ein wegweisender Ehrenmord passiert, welchen die beiden Mädchen hautnah miterleben. Ab diesem Zeitpunkt schwappt der Film stellenweise etwas zu sehr ins Drama-Genre über und die beiden Mädchen leben sich mit der Zeit etwas zu schnell auseinander. Gesamthaft betrachtet unterhalten die über einhundert Minuten Laufzeit letztendlich aber sehr gut. Frech, authentisch, innovativ und 2 talentierte 14-jährige in den Hauptrollen! Sehr sehenswert! |