Lost - Season 1
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Kritik
Eins vornweg: Diese Serie hat rein gar nichts mit der äusserst billigen und vor allem schlechten RTL-Kopie 'Verschollen' zu tun. 'Lost' ist vielmehr eine Offenbarung der TV-Unterhaltung. Kurz zur Entstehung der Serie: Der amerikanische TV-Sender ABC war in ein tiefes Loch gesunken, ehemalige Zugpferde wie 'Alias' bekamen nicht mehr die erwarteten Quoten. Also musste etwas geschehen. Man beauftragte den Schöpfer der bereits erwähnten Agentenserie, J.J. Abrams, mit dem Konzipieren einer neuen Serie. Gemeinsam mit Damon Lindelof machte sich Abrams an diese Aufgabe heran und voilà - zusammen mit dem US-Quotenhit 'Desperate Housewives' ist 'Lost' das neue Zugpferd des Disney-Senders und katapultierte ihn wieder in die Top-Liga. Der Erfolg beider Serien war gar so unglaublich, dass bereits während der Ausstrahlung der ersten Staffel in den USA die Sendungen in die hiesigen Länder transferiert wurden. Das geschieht wahrlich nicht alle Tage!
An 'Lost', dessen Pilotfilm der teuerste der TV-Geschichte ist, muss also tatsächlich etwas dran sein. Es ist aber nicht etwa die Action oder Spannung, die die Serie zu etwas Aussergewöhnlichem macht, sondern die Überlieferung an Figuren-Informationen. In jeder Folge beschäftigt sich die Serie mit einem der Charaktere und dessen Hintergrund. Dieser wird in Rückblenden, so genannten Flashbacks, aufgezeigt. Von sehr wichtigen Charakteren wie Jack und Kate gibt es drei solche Folgen, von anderen zwei oder nur eine. Jedoch beschäftigt man sich nicht mit allen 48 Gestrandeten, sondern "nur" mit ausgewählten 14. Alles andere wäre auch viel zu überladen und gäbe ein heiles Durcheinander. Die Idee der Flashbacks ist nicht nur innovativ, sondern auch äusserst effizient. So kann man für den Insel-Plot relevante Dinge in Rückblenden andeuten und später weitet es sich aus. Auch werden so dem Zuschauer gegenüber Geheimnisse offenbart, die die anderen Inselbewohner noch nicht kennen. Dieses geniale Konzept wird über sämtliche Folgen durchgezogen. Ausnahmen bilden nur der zweiteilige Pilotfilm sowie das dreiteilige Season-Finale. In diesen fünf Folgen zeigt man jeweils nur kleine Rückblenden von diversen Personen.
Genauso wichtig wie der Background der Figuren ist aber auch die Handlung des Insellebens. Man sieht, wie sich Freund- aber auch Feindschaften bilden oder immer mehr Fragen um das Mysterium der Insel auftauchen. In der ersten Folge etwa muss ein kleiner Teil der Gestrandeten mit ansehen, wie der Pilot des Flugzeuges von einem unbekannten Wesen in die Luft gerissen wird. Wenig später sehen die Gestrandeten die zerfleischte Leiche des Piloten. Ja, 'Lost' spart auch nicht mit etwas unappetitlichen Bildern, bleibt aber stets authentisch, soweit dies im Mystery-Look möglich ist. Szenen wie solche sind extrem spannend und treiben den Puls in bisher ungeahnte Höhen. Brutal wird die Serie aber dennoch nur selten. Noch spannender ist etwa die Suche nach entführten Gestrandeten. Und als sie einen von beiden finden, bleibt wohl so manchem Zuschauer der Schnauf weg. Über sämtliche der 25 Folgen baut sich die Geschichte weiter aus. In Folge 10 nimmt das Ganze eine überraschende Wendung und der Plot kommt so richtig in Fahrt, was kontinuierlich bis zum Finale hin annimmt.
Da die charakterliche Entwicklung der Figuren immens wichtig ist, hat man auf sehr gute Schauspieler gesetzt. Lead-Figur ist Jack, gespielt von Matthew Fox. Einige kennen ihn wohl noch aus 'Party of Five', hier übernimmt Fox aber einen weitaus grösseren Part. Eine ähnlich grosse Rolle hat die Newcomerin Evangeline Lilly: Sie verkörpert die undurchsichtige Kate, die mit einem dunklen Geheimnis aufwartet. Lilly beweist sich als tolle Schauspielerin und ihr gehören einige der emotionalsten Szenen in der ganzen Staffel. Ihr Auftreten hat scheinbar Eindruck hinterlassen: Von Maxim wurde sie nach Eva Longoria ('Desperate Housewives') zur schönsten Frau der Welt gewählt. 'Herr der Ringe'-Fans freuen sich besonders über einen Namen in der Besetzungsliste: Dominic Monaghan. Er mimt den drogensüchtigen Rockstar Charlie mit extremer Überzeugung, so dass er noch besser gefällt als in Peter Jacksons Meisterwerk. Neben diesen drei sehr wichtigen Schauspielern gibt es noch weitere relevante beziehungsweise namhafte Mimen, etwa Ian Somerhalder, Maggie Grace, Terry O’Quinn, Naveen Andrews und Yunjin Kim. Mit Gaststars kann 'Lost' auch punkten: In Sawyers (Josh Holloway) zweitem Flashback gibt sich Sir Robert Patrick die Ehre und in der 23. Folge, dem ersten Teil des Season-Finales, ist Michelle Rodriguez kurz zu sehen.
Was bis anhin noch unerwähnt blieb, ist die Musik. Diese wird von 'Alias'- und 'Incredibles'-Komponist Michael Giacchino produziert. Die Stücke sind grösstenteils ruhig und ein Main-Theme ist eindeutig herauszuhören. In actionreichen Szenen gefällt das Ganze aber auch mit tiefen Bässen. Und im Finale übertrumpft sich Giacchino mit einem umwerfenden Stück selbst. Bei Folge 23 muss man am Ende also ganz genau hinhören. Ausserdem ist die gesamte Produktion von 'Lost' auf aussergewöhnlich hohem Niveau. Für den Pilotfilm wurde etwa ein Flugzeug eingekauft und nach Hawaii gebracht, wo die Serie gedreht wird. Dann wurde die Maschine verschrottet, damit ein authentischer Look eines Absturzes entstehen kann. Apropos Authenzität: Obwohl dies enorme Kosten verschlingt, bestehen J.J. Abrams und Damon Lindelof drauf, dass 'Lost' direkt am Meer und im Dschungel von Hawaii gedreht wird. Mit Studioaufnahmen will er sich nicht zufrieden geben.
Der durchschlagende Erfolg von 'Lost' zeigt sich länger je mehr auch mit diversen Nominierungen bei Preisverleihungen, etwa den Golden Globes. Die Reifeprüfung hat die Serie aber im Herbst 2005 bestanden, als sie satte sechs Emmy Awards, darunter als beste Drama-Serie, absahnen konnte - zu Recht! Denn der neuartige Mix aus Spannung, Action, Mystery und Charakterdrama funktioniert schlichtweg einwandfrei. Schwächere Folgen gibt es nahezu keine, höchstens zwei. Und dank der erstklassigen Darstellerriege gibt es auch an der Schauspielkunst der Serie nichts auszusetzen. Fast noch besser wird 'Lost' im zweiten Durchschauen. Dann findet man nämlich unzählige Details, die auf Kommendes oder Geschehenes hinweisen. So etwas schafft J.J. Abrams wie kein Zweiter. Und wenn 'Alias' ihn nicht bereits zu einem der Kreativsten des TV-Geschäfts gemacht hat, dann sicherlich 'Lost'!
Bild Mit einer ausgezeichneten Schärfe und stets passend gehaltenen Farben (Insel meist leicht blass, Flashbacks kräftig) kann das Bild trumpfen. Allerdings gibt es des Öfteren ein paar Rauschmuster im Hintergrund, die ein bisschen negativ auffallen. Der Kontrast ist auf hohem, ausgewogenem Niveau. Gegenüber den 'Housewives' zieht 'Lost' aber den Kürzeren. |
Sound Freude herrscht, wenn man die Tonspuren Bezeichnungen betrachtet: Auch die deutsche Tonspur wurde in 5.1 abgemischt. Viel macht es aber nicht aus, denn sein volles Potenzial - wie beim Original - kann der deutsche Ton nie ausschöpfen. Dennoch wird die Musik räumlich wiedergegeben und ein paar nette Effekte lassen Stimmung entstehen. |
Extras
- 5 Audiokommentare
- Die Entstehungsgeschichte von ‚Lost’
- Bevor sie strandeten
- Willkommen in Hawaii: Making of
- The Art of Matthew Fox
- Lost@Comicon
- Lost: On Location
- Am Set mit Jimmy Kimmel
- Backstage mit Driveshaft
- Verschollene Rückblenden
- Zusätzliche Szenen
- Pannen vom Dreh
- Live from the Museum of Television & Radio
Wer schon immer wissen wollte, wie man auf die Idee kam, 'Lost' überhaupt zu entwickeln, wird mit der Entstehungsgeschichte fündig. Es wird erzählt, dass man in einer Runde bei ABC darüber diskutiert hat, was für eine neue Serie man produzieren will. Schliesslich brachte jemand den Vorschlag 'Castaway - Die Serie'. J.J. Abrams gefiel die Idee und arbeitete sie weiter aus. Damon Lindelof wurde ins Boot geholt und so entstand 'Lost'. Mehr Eindrücke dazu gibt es natürlich auch im erwähnten Special. In 'Bevor sie strandeten' erhält man einen Einblick darüber, wie der Cast gefunden wurde. Dabei werden einige witzige Kuriositäten enthüllt, etwa dass Jorge Garcia (Hurley) zuerst für Sawyer vorgesprochen hat! Im ausführlichen Making of zum Pilotfilm bleibt keine Frage offen: Cast & Crew quatschen über die Entstehung und plaudern grosszügig aus dem Nähkästchen. Auch dass Jack ursprünglich in dieser Folge sterben sollte, wird nicht aussen vor gelassen. Als nächstes gibt es ein Special, bei dem Matthew Fox geschossene Fotos vom Set zeigt sowie eine Doku über die Premiere des Piloten an der Comiccon. In 'Lost: On Location' gibt es kurze Behind-the-Scenes Eindrücke zu ausgewählten Episoden. Ein Setbesuch von Jimmy Kimmel wurde ebenfalls auf die Bonusdisc gepackt. Interessant ist auch 'Backstage mit Driveshaft': Ein Blick auf die Entstehung der Serien eigenen Band, die insbesondere in Charlies Flashbacks eine entscheidende Rolle übernimmt. Mehr und vor allem gutes Filmmaterial gibt es bei den verschollenen Rückblenden und den zusätzlichen Szenen. Auch enthalten sind Pannen vom Dreh sowie eine Gesprächsrunde beim Museum of Television & Radio. Abgerundet wird das umfangreiche Paket mit fünf Audiokommentaren zu bestimmten Folgen, jeweils mit Cast und Crew Mitgliedern.
Die sieben Discs sind alle einzeln in Slim-Amarays gepackt und in einem Pappschuber gebündelt. Ein Booklet mit Episodenguide wie bei 'Desperate Housewives' fehlt, da die Beschreibungen auf den Rückseiten der einzelnen Hüllen abgedruckt wurden.
DVD Übersicht | |
Filminformationen | |
Originaltitel | Lost - Season 1 |
Genre | Mysteryserie |
Studio | Touchstone Television |
Verleih | Walt Disney Studios Home Entertainment |
Laufzeit | ca. 1069 Minuten |
FSK | ab 16 Jahren |
Created By | J.J. Abrams und Damon Lindelof |
Darsteller | Matthew Fox, Evangeline Lilly, Terry O'Quinn, Naveen Andrews, Dominic Monaghan, Josh Holloway, Ian Somerhalder, Maggie Grace, Jorge Garcia, Harold Perrineau Jr., Emile de Ravin, Malcom David Kelley |
Technische Details | |
Bild | 16:9 (1.78:1) |
Ton | Deutsch: Dolby Digital 5.1 Englisch: Dolby Digital 5.1 Französisch: Dolby Digital 2.0 Stereo |
Untertitel | Deutsch, Englisch, Dänisch, Französisch, Schwedisch, Finnisch, Norwegisch, Holländisch, Isländisch, Englisch für Hörgeschädigte |
Anzahl Discs | 7 |
Verpackung | Slimcase-Amarayhüllen in Pappschuber |
© rezensiert von Adrian Spring am 25.11.05