Grounding - Die letzten Tage der Swissair
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Kritik
'Mein Name ist Eugen'-Regisseur Michael Steiner lässt das Schweizer Kino einen zweiten (oder vielleicht gar ersten) Frühling erleben. Nach der gelungen Kinderbuchadaption wagt er sich jetzt auf ganz anderes Terrain. In einem zweistündigen Dokuthriller verarbeitet er den Untergang der Swissair aus einer subjektiven, aber oft plausibel klingenden Perspektive. Klar werden so Buhmann-Bilder suggeriert. Im Film ist dies vor allem Marcel Ospel, auch heute noch Chef der Schweizergrossbank UBS. Ob sich im Jahr 2001, das den Handlungsspielraum von 'Grounding' vorgibt, wirklich alles so zugetragen hat, wie es der Film aussehen lässt, darf bezweifelt werden. Doch im Grossen und Ganzen dürfte das Geschehen der Realität ziemlich nahe kommen. Zumindest beim historischen Teil. Denn 'Grounding' hat neben dem eigentlichen Wirtschaftsplot einige Nebengeschichten eingebaut, die von den Schicksalen der Swissair-Mitarbeitenden erzählen. Zu dumm, dass diese den Film mehrmals ins Lächerliche ziehen. Oder warum sollte ein Mann, der sich über seine Kündigung beschwert und in einem Kühlraum verbarrikadiert, gleich mit einem Polizeikommando abgeführt werden?
Die audiovisuelle Qualität von 'Grounding' ist für einen Schweizerfilm aber auf ein neues Level gehoben worden. Düstere Bilder mit gelungenen Kameraeinstellungen und atmosphärischer Musik lassen fast vergessen, dass es sich um eine Inlandproduktion handelt. Selbiges Niveau wird auch bei den meisten Schauspielern erreicht: Hanspeter Müller-Drossaart als Mario Corti ist so gut wie nie zuvor und Gilles Tschudi mimt den Ospel herrlich fies. Auch stark: Katharina von Bock als Amerikanerin und spätere Swissair Finanzchefin Jacqualyn Fause. Bei den fiktiven Nebengeschichten nimmt die Qualität dann aber gewaltig ab: Flugbegleiterin Susanne und deren Sohn werden von ihren Rollenträgern fürchterlich überdramatisiert. Gleiches gilt für die Italienerfamilie. Fader Beigeschmack: Da die Schweiz nur auf ein bedingtes Repertoire an guten Schauspielern zurückgreifen kann, kennt man fast alle aus der SF Soap 'Lüthi & Blanc'.
Wie auch immer, Spannung bietet 'Grounding' dennoch. Besonders die Inszenierung des Grounddays, dem 2. Oktober, besticht durch unglaubliche Dichte und wird danke dem Einsatz von Handkameras noch verstärkt. Hätte Steiner auf die erfundenen Mitarbeiterschicksale verzichtet oder zumindest mit weniger Dramatik bestückt, wäre der Film um ein Vielfaches besser. Immerhin ist er ein sehr guter Schritt in die richtige Richtung, aber noch ein paar Flugstunden davon entfernt, an die Qualität von 'Eugen' zu kommen. Aber so wie man Michael Steiner einschätzen darf, wird er bestimmt schon bald ein weiteres Ass aus dem Ärmel schütteln. Und vielleicht stimmt ja bei diesem dann wirklich alles.
Die DVD
Bild Die Schärfe ist auf einem soliden Niveau und fällt nicht negativ auf. Allerdings gibt es immer mal wieder starkes Rauschen im Hintergrund. Die Farben sind kühl gehalten, selbst bei fröhlichen Szenen - hier hätte etwas mehr Variation nicht geschadet. Der Kontrast ist gut. |
Sound Die eingängige Musik pocht aus allen Lautsprechern und erschafft eine dichte Atmosphäre. Richtigen Surround gibt es aber nur selten zu hören, da der Film äusserst dialog- und somit frontlastig ist. |
Extras
- Interviews mit Zeitzeugen
- Swissair Nostalgie
- Fernsehberichte zum Grounding
- Trailer und Teaser
Screenshot des DVD-Hauptmenüs |
Wer etwas über die Entstehung des Films erfahren will, wird masslos enttäuscht: Kein einziges Extra beschäftigt sich mit der Adaption des Ereignis für die grosse Leinwand. Dafür werden Nostalgiker fündig, die Informationen zum Grounding der Swissair wollen: In Fernsehberichten, Interviews und einer wirklich nostalgischen Doku wird die Fluggesellschaft wieder zum Leben erweckt.
Die beiden Discs hausen in einem hübsch gestalteten Digipack. Mit dabei ist ein Auszug aus dem Buch 'Swissair - Mythos und Grounding' auf Deutsch und Französisch.
DVD Übersicht | |
Filminformationen | |
Originaltitel | Grounding - Die letzten Tage der Swissair |
Genre | Dokuthriller |
Studio | C-Films |
Verleih | Impuls Home Entertainment |
Laufzeit | ca. 126 Minuten |
FSK | ab 12 Jahren |
Regie | Michael Steiner |
Darsteller | Hanspeter Müller-Drossaart, Gilles Tschudi, Katharina von Bock, László I. Kish, Rainer Guldener, Michael Neuenschwander, Stephanie Japp |
Technische Details | |
Bild | 16:9 (1.85:1) |
Ton | CH Dialekt: Dolby Digital 5.1 Französisch: Dolby Digital 5.1 Italienisch: Dolby Digital 2.0 |
Untertitel | Französisch, Italienisch |
Anzahl Discs | 2 |
Verpackung | Digipack |
© rezensiert von Adrian Spring am 30.09.06
© Bilder, DVD-Screenshots, Impuls Home Entertainment