X-Men - The Last Stand
|
|
Kritik
Man soll den Tag bekanntlich nicht vor dem Abend loben. Und genauso wenig kann man die Qualität eines Filmes anhand des Trailers beurteilen. 'X-Men - Der letzte Widerstand', der von offizieller Seite als letzter Teil der Mutantensaga betitelt wird, ist ein Paradebeispiel dafür. In der Vorschau scheinen Tiefgang, Story und vor allem der epische Aspekt garantiert. Leider trifft lange nicht alles wirklich aufs finale Werk zu. Der Schuldige dürfte Brett Ratner sein, der den Regiestuhl von Bryan Singer übernommen hat, als dieser mit 'Superman Returns' das Ufer wechselte - jener Titel, der zuerst Ratner hätte realisieren sollen. Doch mit den bekannten Figuren der ersten Filme im Rücken allein ist dem 'Rush Hour'-Regisseur hier kein perfekter Blockbuster gelungen.
Problem Nummer Eins ist der Erzählstil: Nach gelungen Rückblicken auf die Jugendjahre von Jean sowie dem neuen Charakter Warren, verzettelt sich der Film ein wenig in den Plots um die X-Men, die Heilung, Magnetos Armee und schliesslich die Wiederauferstehung Jean Greys. Das nimmt aber im Verlauf des Films ab, wodurch die Erzählweise doch noch an jene des zweiten Teils herankommt. Problem Nummer Zwei ist das Fehlen der Epik: Im Film geht es grundsätzlich um den letzten Kampf zwischen Mutanten und Menschen. Letztere wollen, dass sich die anderen heilen, damit für sie keine Gefahr mehr besteht. Nur leider kommt selbst in der finalen Schlacht kein episches Gefühl auf - dass es um den Fortbestand einer "Rasse" geht, ist nicht zu spüren. Magnetos Armee wirkt in den Waldszenen gar lachhaft, wenn sie in hübschen Zelten campieren. Letztes und drittes Problem des Streifens ist schliesslich die Überzahl an Figuren: Nicht, dass die verschiedenen Charaktere nicht interessant wären, aber einige bekommen eindeutig zu wenig Screentime. Insbesondere der Neuling Ben Foster ('Six Feet Under') gehört zu den Leidtragenden: Angel alias Warren wird zwar schon im Epilog eingeführt, doch seine späteren Auftritte sind auf fünf beschränkt. Selbst wenn sein Vater Initiant des Heilmittels ist, kriegt man die das Gefühl, wirklich etwas über Warren zu wissen oder dass er viel mit dem Geschehen zu tun hat. Nur ein paar Szenen mehr und das Potenzial des äusserst interessanten Charakters wäre genutzt worden.
Durch diese drei geschilderten Probleme ergibt sich ein nicht 100%ig stimmiges Gesamtbild, das schlussendlich einen fahlen Nachgeschmack hinterlässt. Aber nun genug der Meckerei, denn 'X-Men 3' hat durchaus auch hervorragende Teile. So etwa der seit dem ersten Teil fantastische Cast: Hugh Jackman, Halle Berry, Ian McKellen, Patrick Stewart, Famke Janssen - diese Persönlichkeiten harmonieren einfach prima miteinander. Besonders Janssen ist in einigen Momenten so toll, dass es Gänsehaut erzeugt. Der beste Moment der Geschichte gehört dann auch ihr, als sich das wahre Ausmass ihrer Kräfte offenbart - mit fatalen Auswirkungen für die X-Men. Gut, weshalb Phönix, so der Name von Jeans zweiter Persönlichkeit, die in diesem Teil zum ersten Mal erwähnt wird, schlussendlich mit Magneto kooperiert und ihre Macht nicht für sich selber nutzt, bleibt ungeklärt. Und warum sie als der Über-Mutant nicht noch mehr Gebrauch von ihrem Können macht, ebenso. Zusätzlich zum erwähnten Moment gibt es noch eine Vielzahl weitere, die den Charakteren viel Tiefe verleihen. Beispiele sind Rogues Sorge um ihre Beziehung, oder die Beerdigung eines X-Men. Cast-Neuzugängler Ellen Page (Kitty Pride), Kelsey Grammar (Henry McCoy) und eben Ben Foster gefallen ebenfalls mit einer Frische, die die bisherigen Akteure gut ergänzt. Magnetos neue Gefolgsleute hingegen bleiben etwas blass, da man über ihren Hintergrund rein gar nichts erfährt.
In Sachen Machart steht der dritte Teil der Saga den Vorgängern in nichts nach, im Gegenteil: Die Effekte sind spektakulärer den je, Mystiques Verwandlungen spannend wie immer und Phönix' Einsatz von Kräften schlicht atemberaubend. Das Highlight der digitalen Effekten bietet schliesslich die Demolierung der Golden Gate Bridge, was den Zuschauers zum Staunen bringt. Auch die Action stimmt: Wolverine sowie Storm haben sehenswerte Kampfszenen und Kitty Pride eine einmalige Verfolgungsjagd mit dem superstarken Juggernaut. Sehr cool geraten ist zudem der Kampf zwischen Iceman und Pyro, die sich mit ihren gegensätzlichen Kräften ein Top-Duell liefern. Begleitet wird all dies von einem mitreissenden Score von John Powell.
Was die Klasse von 'X-Men 3' schlussendlich ebenfalls wieder anhebt, wenn auch nicht auf das Niveau der Vorgänger, ist die Geschichte um das Heilmittel: Wie weit darf man für Normalität gehen? Wie lange kann man sich dem Druck der Masse widersetzen? Und vor allem: Wählt man mit der Möglichkeit auf ein normales Leben dieses oder jenes, das man bis anhin gelebt hat? Vor genau diese Fragen werden die Charaktere gestellt, etwa Rogue. Da sie ihren Freund Bobby nicht berühren kann, ohne ihm weh zu tun, wird sie vor die Wahl gestellt, ihre Fähigkeit für ihre Liebe aufzugeben. Nur müssen sich die Figuren auch fragen, ob die Akzeptanz ihresgleichen nach einer solchen Prozedur noch vorhanden ist. Dies sind fragen, die den Zuschauer selbst nach Filmende noch beschäftigen und sogar zu Diskussionen anregen. Und das ist ein Punkt, der diesen Film ganz klar mit den anderen 'X-Men'-Filmen gemeinsam hat: Der Inhalt von politischen und gesellschaftlichen Themen wird in Form der Mutanten dem Zuschauer in einem neuen Licht gezeigt. Das schaffen und vor allem trauen sich nur wenige. Der Schluss des Films beendet die Saga dann sehr effektiv, wenn auch nicht ganz ohne Kitsch. Mit nur 99 Minuten Laufzeit ist 'X-Men - Der letzte Widerstand' leider etwas zu kurz geraten. Eine erweiterte Fassung könnte nicht nur das ändern, sondern auch einige Mankos des Films ausmerzen. Im Zeitalter der DVD wäre dies die beste Lösung, um aus dem Mutantensaga-Ende doch noch ein rundum gelungener Blockbuster zu machen.
Zum Schluss noch ein Tipp: Den Abspann mitschauen. Man weiss ja nie, was noch kommen könnte…
Die DVD
Bild Grundsätzlich gefällt das Bild sehr gut: Starke Farben mit einem ebenso gelungenen Kontrast gesellen sich zu einer soliden Schärfe. Allerdings ist in hektischen Situationen oft zu erkennen, dass sich hinter Objekten ein Nachzieheffekt bildet. Soll heissen: Ein paar Millisekunden, nachdem Angel an diesem Fleck war, sieht man noch immer etwas von ihm. Zudem ist manchmal Blockrauschen auszumachen. |
Sound Besitzer einer 5.1-Anlage können sich mehr als nur freuen: 105 Minuten lang werden sie mit knallenden Bomben, windigem Wetter und lautem Gebrüll mitten ins Geschehen versetzt. Aber auch subtilere Effekte wie Jean Greys Stimme, die plötzlich wieder aus einer Ecke erschallt, beleben das Geschehen. Der bombastische Soundtrack von John Powell macht das Ganze sogar noch lebendiger |
Extras
- 2 Audiokommentare
- Zusätzliche und erweiterte Szenen
- Brett Ratners Produktionstagebuch
- Evolution einer Trilogie
- X3: The Excitement Continues
- X-Men Nahaufnahmen
- Analyse einer Szene
- Animatic Galerie
- 7 Vignettes
- 4 Blogs
- Galerien
- Trailer
Screenshot des DVD-Hauptmenüs |
Die 2 Disc Special Edition bietet eine fast nicht überschaubare Anzahl an fantastischen Extras. Auf der ersten DVD befinden sich gleich zwei Audiokommentare (u.a. mit Brett Ratner und Avi Arad). Beide Kommentare enthalten viel Hintergrundwissen und sind kurzweilig gesprochen. Hinzu kommen zusätzliche und vor allem erweiterte Szenen, die das Geschehen teils ergänzt, manchmal aber auch komplett verändert hätten. Dort inbegriffen sind einige alternative, nicht mal so schlechte Enden. Um alle Extras zu sehen, muss man sich beim Einstieg der DVD einmal für die X-Men-Seite und einmal für die Bruderschaft entscheiden - oder direkt bei den Extras via Symbol wechseln.
Auf der zweiten Disc geht es dann erst richtig los. In der Kategorie Documentaries befinden sich drei Extras. Im 40minütigen Videotagebuch begleitet man Regisseur Brett Ratner auf der Suche nach den Sets, später beim Dreh und schlussendlich in Cannes bei der Premiere. Zum Schreien komisch: Ratner in voller Wolverine-Montur, mit der er Halle Berry überraschen will. Mit ähnlich langer Laufzeit informiert ‚Evolution einer Trilogie’ über alle drei 'X-Men' Filme im Detail und geht insbesondere auf Charaktere und Story ein. Schade, dass Bryan Singer nicht für ein paar Statements gewonnen werden konnte. 'The Excitement Continues' konzentriert sich dann nochmals 20 Minuten auf den dritten Teil. Im Sektor Vignetten befinden sich eine Vielzahl an kurzen, informativen Specials zu folgenden Themen: Prophezeiungen, Politik, Kostüme, Make-up, Waffen, On-Set Effekte und Angels Flügel.
Dann sind da zwei Featurettes: Fans der Comics kommen bei 'X-Men Nahaufnahmen' voll auf ihre Kosten. Über alle wichtigen Figuren des Films gibt es kompakt zusammengefasst Historien, Bilder und Fähigkeiten, inklusive Comicanteil. Kurze Filmschnipsel ergänzen diese schöne Rubrik. Anhand der aufwendigen Brückensequenz wird in 'Anatomie einer Szene' geschildert, was alles hinter der Dekonstruktion der Golden Gate Brücke steckt. Unter dem Begriff Blog verstecken sich vier Videobeiträge, die auf danger-room.net veröffentlicht wurden. Zum Abschluss gibt es eine Bilder- und Trailergalerie und Pre-Visualisierungssequenzen.
Diese umfangreiche Special Edition kommt im edlen Steelbook daher. Ein Booklet gibt es leider nicht, nur Werbeflyer.
DVD Übersicht | |
Filminformationen | |
Originaltitel | X-Men - The Last Stand |
Genre | Action |
Studio | 20th Century Fox |
Verleih | 20th Century Fox Home Entertainment |
Laufzeit | ca. 99 Minuten |
FSK | ab 12 Jahren |
Regie | Brett Ratner |
Darsteller | Hugh Jackman, Halle Berry, Ian McKellen, Famke Janssen, Patrick Stewart, Anna Paquin |
Technische Details | |
Bild | 16:9 2.40?:1) |
Ton | Deutsch: Dolby Digital 5.1 & dts 5.1 Englisch: Dolby Digital 5.1 |
Untertitel | Deutsch, Englisch, Türkisch |
Anzahl Discs | 2 |
Verpackung | Steelbook |
© rezensiert von Adrian Spring am 17.10.06
© Bilder, DVD-Screenshots, 20th Century Fox Home Entertainment